Mit großer Sorge folgen wir als Alevitische Gemeinde Deutschland den Entwicklungen um den Bundes/-Landesverband der DITIB in Hamburg. Die Staatsverträge zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und den Religionsgemeinschaften werden zunehmend in ihrer Gesamtheit ins Negative Licht gerückt. Da die DITIB- Nord Vertragspartner ist und ein Mitglied des „Religionsunterrichts für Alle“ in Hamburg, müssen die inakzeptablen Aussagen und Vorgänge Prüfgegenstand der Vertragspartner werden. Die DITIB-Nord muss einen Fahrplan zur Unabhängigkeit von der türkischen Regierung vorlegen.

Das Interreligiöse Forum Hamburg bekräftigt mit Bezug auf die Staatsverträge, die die Freie und Hansestadt Hamburg vor vier Jahren mit der Nordkirche, dem Erzbistum Hamburg, der Jüdischen Gemeinde, der Alevitschen Gemeinde und den drei islamischen Religionsgemeinschaften DITIB, Schura und VIKZ geschlossen hat, die Verpflichtung auf die Grundwerte unserer Gesellschaft.

Gleichgehend mit der Radikalisierung in der Türkei, sind jedoch in den letzten Wochen und Monaten wiederholt Presseberichte erschienen, die Hass und Feindbilder gegenüber Christen, Juden („Der kannibalische Jude kotzt den Tod in Palästina“) und Andersgläubigen innerhalb der DITIB und DITIB-Jugend nahelegen. Islamistische Kreise in der Türkei sowie in Deutschland haben u.a. das Weihnachts- und Silvesterfest verhöhnt und verachtet. Diese Vorkommnisse sind u.a. den Kreisen der DIYANET bzw. DITIB zuzuordnen.

Die DITIB-Nord findet sich damit ab, dass die Vorkommnisse einzelnen Personen zuzuordnen sei und schiebt jegliche Verantwortung von sich. Die Häufung und Parallelität zu den Entwicklungen in der Türkei legen jedoch eine grundlegende Problematik offen. Der Verband DITIB ist in Deutschland zentralistisch organisiert und sein Vorsitzender wird satzungsgemäß von der türkischen Religionsbehörde DIYANET mitbestimmt.  Die organisatorischen und institutionellen Verbindungen zum DIYANET und satzungsmäßige Ordnung gibt hohen Bediensteten des türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten eine immense Machtfülle. Bei den über tausend Vorbetern/Imame handelt es sich um weisungsgebundene und berichtspflichtige Staatsdiener. Die Beamten des türkischen Staates werden von DIYANET und damit von Erdogan kontrolliert.

Warum die DIYANET, die türkische Religionsbehörde, überhaupt Spitzelbefehle ausgibt, ist bisher von DITIB Vertretern nicht zufriedenstellend beantwortet worden.

Die personelle, finanzielle, theologische und ideologische Abhängigkeit stellt somit ein Integrationshindernis dar.

Wir unterstützen weiterhin die Verträge mit den Religionsgemeinschaften. Es ist der einzige Weg, in einem säkularen Staatssystem den Dialog zwischen dem Staat und der Religionsgemeinschaften zu realisieren. Es ist daher aus unserer Sicht nicht konstruktiv, gleich im ersten Schritt die Kündigung solcher Verträge anzustreben, sondern den Vertragspartner zu mahnen die Pflichten aus dem Vertrag einzuhalten. Dazu gehören die Grundregeln der Staatsverträge zu beachten, insbesondere die der Völkerverständigung und die Toleranz gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen. Jedoch können bei Verstößen gegen diese Grundprinzipien diese nicht unbeachtet bleiben. Es sind daher konkrete Maßnahmen abzuleiten.

Die Alevitischen Gemeinden haben ohne staatliche Zuschüsse (gleich ob von türkischer oder deutscher Seite) geschafft, sich zu etablieren. Der DITIB sollte es daher auch möglich sein, einen konkreten Befreiungsplan von der türkischen Regierung zeitnah vorzulegen, will sie ihren Restkredit an Glaubwürdigkeit nicht verlieren. Für konstruktive Gespräche stehen wir gerne zur Verfügung.

Wir unterstützen den Spruch von Wilhelm Busch: „Toleranz ist gut, aber nicht gegenüber den Intoleranten“.

 

Für Fragen:
Baykal Arslanbuga ( Hamburger Landesvertreter der Alevitischen Gemeinde Deutschland e.V.)

E-Mail: baykal.arslanbuga@alevi.com