Das Wort Newroz setzt sich aus den iranischen Wörtern „new“ (neu) und „roz“ (Tag) zusammen und bedeutet wortwörtlich „Neuer Tag“. Der „Neue Tag“ bezeichnet für uns den Beginn einer neuen Periode bzw. einer neuen Jahreszeit, die neue Hoffnung, Frieden und Versöhnung in die Welt bringt. Bei vielen Völkern des Orients wird dieser Tag auch als Beginn des neuen Jahres gefeiert.
Im Alevitentum hat Newroz auch eine hohe symbolische Bedeutung, da am 21. März der Tag genauso lang ist wie die Nacht („Tag-und-Nacht-Gleiche“). Ab diesem Tag werden die Tage wieder länger und die Nächte kürzer. Im Alevitentum verstehen wir dabei die länger werdenden Tage als Sieg des Lichtes über die Dunkelheit.
In der alevitischen Lehre hat das Licht einen zentralen Stellenwert, denn es gilt als Quelle jeglicher Schöpfung, weil es – als göttliches Licht – die Welt und alles Leben darin erhellt. So werden bei uns die Abgesandten und Propheten, die eine göttliche Offenbarung übermittelten, als Teil dieses göttlichen Lichtes wahrgenommen, weil sie den Menschen die göttliche Wahrheit brachten. Neben vielen anderen Heiligen sehen wir Alevitinnen und Aleviten auch den Propheten Muhammed und den Heiligen Ali als Lichtergestalten. Dem Heiligen Ali wird sogar vielfach zugeschrieben, dass er am 21. März geboren wurde. So gibt es viele Alevitinnen und Aleviten, die an diesem Tag auch des Heiligen Ali gedenken.
Der Beginn des Frühlings, das Erwachen der Natur und die länger werdenden Tage werden im Alevitentum vielseitig zelebriert. Alevitische Familien verteilen beispielsweise Speisen und Gaben (Lokma) an Bedürftige, Arme und die Nachbarschaft, um damit ihre Solidarität mit und ihr Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihrem Umfeld zu demonstrieren. Darüber hinaus finden verschiedene Rituale statt. Während Newroz-Gottesdiensten, den sogenannten Newroz-Cems oder Sultan Nevruz, werden zum Beispiel spezifische Fürbitten (Newroz-Gülbenks) und religiöse Newroz Dichtungen (Nevruziye) vorgetragen. In einigen Regionen Anatoliens wird darüber hinaus das sogenannte Hawtamal/Hewtemal (wörtlich: „Sieben der Tiere“ – bezeichnet ein Fest für die Natur) durchgeführt. Hierbei handelt es sich um einen gemeinsamen Frühjahrsputz, bei dem dann das Dorf, die Natur und insbesondere die Tiere gesegnet werden. Für die aus einer ländlichen Tradition stammenden Menschen Anatoliens spielen diese Verbundenheit mit der Natur und das Wiedererwachen der Natur mit dem Beginn des Frühlings eine zentrale Rolle in ihrem alltäglichen Leben.