Kurz nach den Anschlägen im Libanon gibt es erneut Terroropfer unter der Zivilbevölkerung. Nach jetzigem Stand sind 41 Tote und 250 Verletzte am Flughafen in Istanbul zu beklagen. Den Angehörigen und Freunden der Opfer sprechen wir unser tiefstes Bedauern und unser Mitgefühl aus.

Der Terrorakt reiht sich in eine lange Liste von Anschlägen ein, die in der Türkei von rechts- und linksradikalen, von Islamisten, von Nationalisten, von Türken und Kurden begangen werden. Bisher sind keine personellen oder politischen Konsequenzen in der Sicherheitsarchitektur zu verzeichnen. Ein „WEITER SO“ darf es jedoch nicht mehr geben.

Die Türkei wird nur noch von Afghanistan und dem Irak bei der Anzahl der Anschläge überholt. Die sicherheitspolitische Situation ist eines NATO-Partners und EU-Beitrittsaspiraten absolut unwürdig. Der Fortschrittsbericht der Europäischen Union (EU) zur Türkei vom April 2016 verurteilt Verbrechen der als „Esedullah-Teams“ bekannten Sondereinheiten der Polizei, darunter die vorsätzliche Ermordung von Zivilisten im Südosten der Türkei. Ebenso wenig wird die Gewährung von Immunität und Befreiung von Strafverfolgung türkischer Antiterroreinheiten zur Befriedung in der Bevölkerung beitragen. Stattdessen nehmen Berichte zu, dass die Polizei Hinweise auf Islamisten und Dschihadisten nicht verfolgt oder auch nur nachgeht, wie in den türkischen Städten Gaziantep oder Antakya. Die Polizei kann keinen lückenlosen Schutz gewähren und ist auch teilweise nicht gewillt.

Die AKP-Regierung unter Yıldırım bzw. Erdoğan muss die Terrorursachen konsequent bekämpfen und darf sich des Terrors nicht politisch bedienen. Zu einer konsequenten Bekämpfung gehört sozialer Frieden und Gleichheit vor dem Recht, die Freiheit der Presse und der Stopp einer Hassrhetorik, der auf allen gesellschaftlichen Ebenen von der AKP-Regierung mitgetragen wird und sogar bis nach Deutschland getragen wird.  Die AKP-Regierung muss sich auf die Verfolgung der Hintermänner konzentrieren und eine lückenlose Aufarbeitung forcieren.

Selbst nach dem Anschlag im historischen Zentrum Istanbuls Anfang Januar, wobei zwölf Deutsche getötet wurden, gab es keine weiteren Erkenntnisse zu den Drahtziehern. Hier könnte auch die Deutsche Regierung mehr Druck auf die Ermittlungsbehörden ausüben. Das ist sie den getöteten deutschen Staatsbürgern oder zukünftigen Touristen und den Menschen vor Ort schuldig. Das Rechtssystem in der Türkei funktioniert nicht, wie wir Aleviten auch immer wieder erfahren müssen. Die EU und allen voran Frau Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier dürfen an der Grenze zur EU kein Sicherheitsrisiko dulden. In erster Linie gehört dazu die Achtung von Menschenrechten robust einzufordern.

Wir Alevitinnen und Aleviten werden weiterhin versuchen, jedes weitere Opfer zu vermeiden.

Für Fragen und weitere Auskünfte:
Melek Yıldız
Stellv. Generalsekretärin
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